Die Mitglieder des Begutachtungsausschusses:
Dr. A. Blacky, Univ.-Prof. Dr. A. Grisold, Univ.-Prof. Dr. W. Koller, Dipl.-Ing. Dr. A. Sorger, Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. M. Suchomel (Administratorin), Univ.-Prof. Dr. G. Wewalka (Vorsitzender)
Das Expertisenverzeichnis der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP) enthält die Expertisen über Stoffe, Stoffzubereitungen, Gebrauchsgegenstände oder Verfahren, die hygienischen, mikrobiologischen oder präventivmedizinischen Zwecken des Infektionsschutzes in Einrichtungen des Gesundheitswesens (z.B. Krankenhaus, Ambulanz, Ordination etc.), aber auch in öffentlichen Bereichen (z.B. Kindergarten, Schule etc.) und anderen Bereichen (z.B. Lebensmittelbereich) dienen.
Das Expertisenverzeichnis bezieht sich ausschließlich auf die antimikrobielle Wirkung (bakterizid, levurozid, fungizid, tuberkulozid und/oder mykobakterizid) der gelisteten Verfahren. Es werden keine Aussagen über Virozidie, Sporozidie oder andere Eigenschaften wie z.B. Haut- oder Materialverträglichkeit, Umweltverträglichkeit, Toxizität oder Reinigungswirkung gemacht. Diese, ebenfalls wesentlichen Aspekte, müssen vom Anwender bei der Auswahl des geeigneten Stoffes oder Verfahrens mitberücksichtigt werden.
Mit dem Ziel der verbesserten Übersicht, werden im Expertisenverzeichnis nur die vom Hersteller/Vertreiber deklarierten antimikrobiell wirksamen Grundsubstanzen bzw. Wirkstoffgruppen (z.B. Aldehyde, Aldehydabspalter, Alkohole, Alkylamine, Alkylaminderivate, Amphotenside, Chloramine, Glykolderivate, Guanidine, Guanidinderivate, iodabspaltende Verbindungen, Laugen, Peroxid-Verbindungen, Persäuren, Phenolderivate, Phenolether, Pyridinderivate, quaternäre Verbindungen, anorganische Säuren, organische Säuren etc.) genannt.
Grundsätzlich besteht für Hersteller und Vertreiber keine gesetzliche Verpflichtung ihre "Verfahren" in das Expertisenverzeichnis der ÖGHMP aufnehmen zu lassen. Es existieren jedoch gesetzliche Regulative, die unter anderem die Zulassung von und den Umgang mit Desinfektionsverfahren und Antiseptika betreffen (z.B. Arzneimittel-, Biozidprodukte- oder Medizinproduktegesetz).
Ebenso ist der Anwender nicht gesetzlich verpflichtet, ausschließlich Produkte aus dem Expertisenverzeichnis zu verwenden, dieses soll jedoch als Orientierungshilfe und Empfehlung zur Auswahl gesehen werden. Die einzige gesetzliche Ausnahme betrifft Kosmetik(Schönheitspflege)-Gewerbetreibende, die die Auswahl der von ihnen verwendeten antimikrobiellen Stoffe anhand der gelisteten Produkte oder Verfahren aus dem Expertisenverzeichnis der ÖGHMP zu treffen haben (BGBl. II Nr. 141 - Ausübungsregeln für das Piercen und Tätowieren durch Kosmetik(Schönheitspflege)-Gewerbetreibende 2013).
Das Verzeichnis wurde erstmals 1991 als Druckversion herausgegeben. Seit 2004 wird es auf der Website der ÖGHMP (www.oeghmp.at), unter "Expertisen-Verzeichnis", veröffentlicht und laufend aktualisiert.
Mit Jänner 2014 hat sich das Verzeichnis in Aufbau und Aufmachung verändert:
Unter den verschiedenen Kategorien ("Desinfektionsverfahren"), wie Händedesinfektion und Hautantiseptik, desinfizierende Händewaschung, Flächendesinfektion etc., finden sich die in der jeweiligen Kategorie gelisteten Verfahren unter Angabe von Produktname, Hersteller/Vertreiber und Wirkstoffbasis. Zu den Detailinformationen der einzelnen Verfahren, wie genaue Anwendungsempfehlung (z.B. Konzentration, Einwirkzeit, mit/ohne Mechanik etc.), Wirkungsspektrum oder Expertisen-Nummer gelangt man durch "anklicken" des jeweiligen Produktnamens.
Für Instrumentendesinfektionsmittel wurden aufgrund von Unsicherheiten hinsichtlich der Bewertung ihrer Wirksamkeit lange Zeit keine Expertisen verliehen. Seit Jänner 2012 ist eine Aufnahme von Instrumentendesinfektionsmitteln in das Expertisenverzeichnis der ÖGHMP möglich.
Es sollte jedoch dennoch angemerkt werden, dass das Verfahren der Wahl die maschinelle Aufbereitung von Instrumenten in Reinigungsdesinfektionsgeräten - bevorzugt mit thermischer Desinfektion - ist und das Einlegen in chemische Desinfektionsmittel ("Tauchbad") die Ausnahme darstellen sollte.
Weiter werden seit Jänner 2012 Flächendesinfektionsmittel für die Bereiche Lebensmittel, Industrie, Haushalt und öffentliche Einrichtungen unter der Rubrik "Flächendesinfektion für den Lebensmittelbereich" in das Expertisenverzeichnis der ÖGHMP aufgenommen.
Ebenfalls seit 2012, ist die Aufnahme von "Flächendesinfektionsmitteln für den Veterinärmedizinischen Bereich" möglich, allerdings liegen hierfür augenblicklich keine Einreichungen vor.
Bei der Auswahl eines "Verfahrens" ist vor allem das benötigte Wirkspektrum zu berücksichtigen. Alle im Expertisenverzeichnis der ÖGHMP gelisteten Desinfektionsverfahren sind bakterizid (wirksam gegenüber den grampositiven Bakterien Staphylococcus aureus und Enterococcus hirae oder Enterococcus faecium (bei >60°C Verfahren), sowie gegenüber den gramnegativen Bakterien Escherichia coli, Pseudomonas aeruginosa und Proteus mirabilis) und levurozid (wirksam gegenüber dem Sprosspilz Candida albicans). Optional kann für Flächen-, Instrumenten- und Wäschedesinfektionsmittel (<60°C) eine fungizide (Aspergillus brasiliensis), sowie eine tuberkulozide (Mykobakterium terrae) oder mykobakterizide (Mykobakterium avium) Wirksamkeit beantragt werden.
Das Expertisenverzeichnis macht keine Aussagen bezüglich der viroziden oder sporoziden Wirksamkeit der gelisteten Verfahren.
Ein weiteres Auswahlkriterium bei Flächen- oder Instrumentendesinfektionsmitteln kann außerdem die auf den zu desinfizierenden Oberflächen, Gegenständen vorherrschende organische Grundbelastung darstellen.
Ein Verfahren, das unter geringer Belastung seine Wirksamkeit gezeigt hat, kann bei vorgereinigten Oberflächen oder Instrumenten mit geringer organischer Belastung angewendet werden.
Sind Kontaminationen wie beispielsweise Blut auf den Oberflächen oder Instrumenten nicht auszuschließen, sollte ein Verfahren mit einer ausgewiesenen Wirksamkeit unter hoher Belastung ausgewählt werden.
Verfahren zur Flächendesinfektion werden in der Regel unter mechanischer Einwirkung ("mit Mechanik”) als Wischdesinfektionsverfahren eingesetzt. Ist z.B. aufgrund der Oberfläche keine Wischdesinfektion möglich, wird das Desinfektionsmittel ohne mechanische Einwirkung ("ohne Mechanik") auf die Oberfläche aufgebracht. Die Sprühdesinfektion ist jedoch aufgrund der feinen Zerstäubung von Wirkstoffen und der damit verbundenen Gefährdung von Personal nur dann einzusetzen, wenn eine Wischdesinfektion nicht möglich ist. Bei alkoholhaltigen (Sprüh-) Desinfektionsmitteln bestehen zudem bei großflächiger Anwendung Brand- und Explosionsgefahr.
Im Zuge der Beschaffung der geeigneten Mittel bzw. Verfahren wird empfohlen auch darauf zu achten, dass seitens des Herstellers bzw. Lieferanten folgende Leistungen angeboten werden:
- Vorlage der erforderlichen Gutachten bzw. Wirksamkeitsnachweise (insbesondere bei ausgelobter begrenzt virozider, virozider oder sporozider Wirksamkeit)
- Angaben bzw. Informationen zur Materialverträglichkeit
- Flächendeckende Beratung und Betreuung durch qualifizierte Mitarbeiter
- Schulung der Anwender gemäß Medizinprodukte-Gesetz sowie Produkteinweisung und Einarbeitung bei der Einführung neuer Produkte
- Informationen zum Personalschutz
- Hilfestellung bei der Erstellung kundenindividueller Unterlagen wie Reinigungs- und Desinfektionspläne, Dosieranleitungen usw.
- Hilfestellung bei Störungen und Notfällen (mit Angabe der maximalen Reaktionszeit)
- Informationen zu unterstützendem Equipment, wie z.B. Dosiergeräten, Dosierhilfen
- Gewährleistung der Verfügbarkeit von notwendigem Equipment